Schüler brauen eigenes Bier

Eigentlich war alles anders geplant, eigentlich wollte das JSG 2020 sein 50-jähriges Bestehen feiern, eigentlich wollte das P-Seminar „Klostertradition in Karlstadt“ des aktuellen Abiturjahrgangs ein Jubiläumsbier beisteuern und eigentlich sollte auch das nicht mehr bestehende Kapuzinerkloster am Helfenstein mit einer Informationstafel vor dem Neuen Rathaus gewürdigt werden. Eigentlich! Mit großem Elan nahm das P-Seminar im Februar 2020 die Arbeit auf, traf sich wöchentlich, und dann kam Corona. Mit der Schulschließung Mitte März 2020 mussten alle Ideen und Planungen sprichwörtlich über den Haufen geworfen . Mit Wolfgang Seufert, Geschäftsführer der Stadelhofener Brauerei „Pfarrbräu“, konnte ein engagierter Partner gewonnen werden, der mit den Schülern das Jubiläumsbier brauen wollte, diese Brau-Kapazitäten mussten als erstes zurückgegeben werden. Auch die Archivarbeit beim Historischen Verein Karlstadt e.V. und bei der Pfarrei Heilige Familie war nicht mehr möglich. Die Projektziele, das war im April klar, konnten nicht mehr erreicht werden. Nicht nur dieses, auch andere P-Seminare am JSG konnten ihre gesteckten Ziele nicht erreichen, so musste das Sport-P-Seminar die Woche mit dem Mountain-Bike in den Alpen absagen und ersetzte diese u.a. durch eine coronakonforme Tagestour rund um Karlstadt.

Nichtsdestotrotz stellte sich zu Beginn des Abschluss-Schuljahres die Frage, wie das P-Seminar weitergeht, damit die Schüler am Ende des Ausbildungsabschnittes 12/1 auch etwas Zählbares in Form von Punkten fürs Abitur in den Händen halten können. Beim ersten Treffen kam daher die Idee auf, thematisch das P-Seminar weiterzuführen und sich mit den Inhalten genauer zu beschäftigen. Die Klostertradition in Karlstadt wurde auf diese Weise zumindest intern behandelt, mithilfe alter Bilder aus dem Fundus des Historischen Vereins Karlstadt e.V. – ein herzliches Dankeschön an Wolfgang Merklein und Georg Büttner für die Unterstützung – konnten sich die Seminarteilnehmer ein Bild verschaffen, wie das Kloster einst aussah und wo der Torbogen stand, der gegenüber des Neuen Rathauses steht. Auch die damit eng verwobene Geschichte der jungen Pfarrei Heilige Familie wurde in einem spannenden Referat vorgestellt, eine Kopie der Gründungsurkunde stellte Manfred Schneider den beiden Schülern zur Verfügung. Bischof Josef Stangl hatte diese am 31.8.1965 unterschrieben, als ehemaliger Pfarrer von St. Andreas war das für den Karschter Ehrenbürger eine besondere Freude.

Auch die verschiedenen Ordengemeinschaften waren Thema der Referate, eine Schülerin traf sich mit P. Josef vom Würzburger Franziskanerkloster und interviewte diesen für ihre Präsentation, sie stellte ihren Mitschülern auch den rappenden Franziskaner Sandesh Manuel vor, der es zum Youtube-Star geschafft hat.

Mit den Referaten rückte das Thema „Bier“ in den Fokus der anderen Referate: Sie beschäftigten sich mit der Brautradition der Klöster, nicht jedes Klosterbier ist auch ein echtes Klosterbier. So gibt es im Sortiment der beiden logo-Getränkemärkte Inszenierungen wie „Mönchshof“ und „Kapuziner“ aus Kulmbach oder das „Benediktiner“ aus Ettal, nur das Bier aus Andechs wird tatsächlich von Mönchen gebraut. Ein anderer Schüler widmete sich den regional teilweise sehr unterschiedlichen Brautraditionen in Deutschland, ein weiterer Schüler nahm die recht junge Craft-Tradition aus den USA unter die Lupe und kam zu dem Ergebnis, dass die vielen Kleinbrauereien in Deutschland genau dieser Idee entsprechen, nicht industrielles Standardbier zu brauen, sondern diesem eine persönliche, besondere Note zu geben.

Nachdem die Geschichte des Brauens und auch die Theorie des Brauens in zwei Referaten vorgestellt wurden, lieferten Elias Kriester und Simon Köberlein das so – eigentlich – nicht geplante Highlight des Seminars. Sie brauten ihr erstes eigenes Bier. Akribisch lasen sie sich ein und besorgten sich die notwendigen Utensilien. Wolfgang Seufert war als externer Partner sehr behilflich, ihm gilt auch der besondere Dank. Er stellte den beiden Hopfen und Malz aus seiner „Pfarrbräu“ zur Verfügung, während des Brauprozesses in Elias Kriesters Zimmer stand er auch stets telefonisch mit Rat zur Verfügung und verhalf den beiden Schülern zum ersten Bier, das im Rahmen des letzten Seminartreffens auch verköstigt wurde. Ein Bier brauten die beiden nach dem Reinheitsgebot, einem anderen wurde noch Zucker zugesetzt. Der Geschmack der unterschiedlichen Sorten begeisterte nicht nur den betreuenden Lehrern Alexander Sazyma, sondern auch den inzwischen pensionierten Schulleiter Walter Fronczek, der sich seine Flasche in den Weihnachtsferien schmecken ließ und prompt das Lob schickte.
Die offizielle Erlaubnis zum Bierbrauen hatte sich Elias Kriester zuvor selbstständig beim Zoll in Schweinfurt eingeholt, nachdem er von Seufert darauf hingewiesen wurde.

Das ursprüngliche Projektziel, das Karschter Kloster zu dokumentieren, wird ein neues P-Seminar der zukünftigen 11. Jahrgangsstufe in Angriff nehmen und ab Herbst 2021 hoffentlich nicht mehr eingeschränkt arbeiten können. Im Rahmen des immer noch nicht gefeierten Schuljubiläums soll es – eigentlich -  auch ein Jubiläumsbier geben, das steht angesichts der aktuellen Zahlen aber noch in den Sternen.

Text und Bilder: Alexander Sazyma

verfasst von R.Keil am